Eine (nicht ganz so) kurze Geschichte aus dem Land der Gitarren!
Bang! Da hat man eben noch aus den Trümmern der Heidelberger Heavy-Metal-Institution "BARFLY" eine neue, lustige Rocktruppe mit Comedy-Einschlag und deutschen Texten gebastelt, und – ZACK! - sind viereinhalb Alben und aberhunderte von Konzerten später schon 25 Jahre ins Land gegangen. Ist es zu fassen? 25 Jahre Retter des Rock gilt es zu feiern.
Gegründet irgendwann in der ersten Jahreshälfte Anno 1993 von Gitarrist und Hauptsongschreiber Alexander "Schellich" Klinkenberg und Sänger Marcus "Blume" Blum, machte sich die Truppe recht schnell einen Namen im Rhein-Neckar-Delta zwischen Sinsheim, Heidelberg und Mannheim. Zur Gründungsformation gehörten noch Tobias Karl (Keyboards) und die Rhythmusabteilung der Kraichgauer Bluesrock-Legende "Pig Sty" mit Schlagzeuger Harry Binder und Bassist Ruben "Don Schlappe" Abad. Wenig später (und nach Verschleiß von unzähligen "Probekandidaten") stieß dann noch mit ex-BARFLY-Schlagzeuger Danny "Donnerfuß" Busch an der Rhythmusgitarre ein echtes Multitalent zu Sinsheims zukünftigem Flaggschiff in Sachen deutscher Rockmusik. Ursprünglich und auch die ersten Jahre wurde ein für damalige Zeiten (und eigentlich auch heute noch) einmaliges Entertainment-Konzept zwischen harter Rockmusik und "echter", theaterhafter Comedy verfolgt. Ur-Sänger und Gründungsmitglied Markus "Blume" Blum entpuppte sich rasch zu einem genialen Sänger, Entertainer und Standup-Comedian in der aufblühenden selbigen Szene. Durch seine unglaubliche Bühnenpräsenz, seinen Sinn für Komik und Absurdes sowie seine extrem wandlungsfähige Stimme war er auf Augenhöhe mit Zeitgenossen wie der Comedy-Truppe von RTLs "Samstag Nacht" um Olli Dittrich, Wigald Boning und Mirko Nontschew (den Blume besonders verehrte). Durch seine Fähigkeit, praktisch aus dem Stehgreif die Stimme von jemandem zu imitieren, konnten zahlreiche Parodien und Sketche auch auf der Bühne umgesetzt werden. Einen kleinen Abriss gibt es auf der zweiten CD "Wahnsinn" mit seiner Interpretation von "Ein Loch ist im Eimer", die zahlreiche Imitationen von Helmut Kohl über Norbert Blüm bis Udo Lindenberg umfasst. Zusammen mit der hochklassigen musikalischen Substanz und einer ihresgleichen suchenden Chaos-Hi-Energy-Bühnenshow sowie gewürzt mit Comedyszenen und Soloeinlagen erspielten sich die Chefs in kürzester Zeit eine riesige auch überregionale Fangemeinde. Und in der logischen Folge ein Jahr später einen Plattenvertrag mit Goodlife Records aus Speyer.
Es folgten mit "Diebesgut" (1994, produziert von THUNDERHEAD-Schlagzeuger Alex Scotti) und "Wahnsinn!" (1996) zwei Albumveröffentlichungen, die es zu viel nationaler Resonanz und einigen Radioeinsätzen brachten ("Keine Zeit" schaffte es sogar zu Einsätzen bei SWR3). Auch wurde die Besetzung ordentlich aufgestockt. Harry Weber, der alte Sänger und Bandkumpel aus BARFLY-Tagen, war immer öfters dabei und half den inzwischen schon 2 Background-Sängerinnen dabei, den fettesten Chor des Landes über die Rampe ins Publikum zu Blasen. In diesen Tagen standen bei den CHEFS schon mal gut 10 Musiker auf der Bühne. In den folgenden Jahren wurden per Ochsentour durch die Republik Club-, Hallen- und Festivalbühnen von Passau bis Hamburg unsicher gemacht. Dabei hat die kleine große Kraichgau-Combo schon die Bühne geteilt mit illustren Größen, u.a. Status Quo, Doro, Manfred Mann's Earth Band, Deep Purple, Wishbone Ash, Uriah Heep uvm. Unvergesslich bleibt der Auftritt auf dem Daytona Beach Rock Festival 1996 in Lahr, als die Band im Festival-Billing vor den Scorpions spielte, also nach Saxon und Manowar auf die Bühne ging. Das kam einigen der Musiker dieser Bands so obskur vor, dass nicht wenige von ihnen an der Bühne das Treiben der Chefs auf selbiger beobachteten. Und - noch während die Band auf der Bühne ihren üblichen Hexenkessel aus Tumult und Wahnsinn am Brodeln hatte - sogar Eric Adams, seines Zeichens Sänger von Manowar, dem Tourmanager der Chefs (Bernd Wohlleben) mit den Worten: "I haven't seen anything like that on any stage EVER!" beide CDs der Band abkaufte (das Angebot, diese als "promotional gift" umsonst zu bekommen, lehnte er ab!!). Man sah auch einenen basserstaunt den Kopf schüttelnden Biff Byford und einen wild bangenden Nibbs Carter (beide Saxon) dem Treiben beiwohnen. Die rauschendste Backstage-Party in dieser Nacht fand in der Garderobe der Chefs mit Mitgliedern von Manowar, Saxon und den Scorpions statt.
Ebenso legendär war die Veranstaltungsreihe "Die Blödnight Show", die – angelehnt an das durch "Samstag Nacht" auf RTL bekannt gewordene Konzept der US-Show "Saturday Night Live" aus den 70ern und 80ern – Live-Sketche, Standup-Comedy, Film-Einspieler, Gäste und musikalische Darbietungen verband und von Mitgliedern der Chefs um Comedy-Talent Blume fast ein Jahr lang jede Woche (!!!) eine zweistündige Show live in einem regionalen Club präsentierte.
Leider fand mit dem frühen Tod des Frontmannes im September 1999 dieser erste Höhenflug ein Ende. Wie viele geniale Künstler in diesem Metier vor ihm wandelte der psychisch labile Sänger immer auf Messers Schneide und musste seinem langjährigen Drogenkonsum Tribut zollen. In dieser schwierigen Übergangszeit (bis jemand gefunden wurde, der annähernd in die riesigen Fußstapfen von Blume hätte passen können) war uns vor allem der alte BARFLY-Recke Harry eine große Stütze und brachte schon gebuchte Konzerte bravourös über die Bühne. Er zog dann aber weiter um sein eigenes Ding zu machen und gründete mit GELBSUCHT eine ebenso erfolgreiche Deutschrock-Dampframme, die bis heute erfolgreich Konzerte gibt und Tonträger veröffentlicht.
Dann stieg auch noch Schlagzeuger Harry aus familiären Gründen aus, Danny wechselte wieder wie schon in den Bands davor auf den Schlagzeughocker, und die folgenden Jahre waren geprägt von der Suche nach einem neuen Sänger. Es kamen und gingen so einige (u. a. Stefan Schmidt, Janis Mattis), bis sich ab 2004/2005 ein neues stabiles Frontgespann mit Horst Zahn und Chris Hanke bildete. Die Band hatte schon Mitte des Jahres 2000 ihr Lager im Bazement-Studio in Hünstetten unter der Leitung von Producer Markus Teske (Weissglut, Mob Rules, Vanden Plas etc.) aufgeschlagen, um endlich das dritte Album aufzunehmen, jedoch sollte das der Beginn einer laaaangen Reise sein (die der Band auch den Beinamen „Def Leppard des Kraichgau“ einbrachte). Innerhalb einer Woche wurden 15 neue Lieder eingespielt und im weiteren Verlauf auch schon fertig produziert und gemischt. Jedoch gingen unsere Helden aus Baden dann ihres Sängers verlustig, auch der nächste blieb nicht lange genug, dass es zu einer Veröffentlichung kam, und so wurden immer und immer wieder die Songs von den aktuellen Kandidaten "besungen", bis es mit der Doppelspitze Horst und Chris endlich eine Auswahl von 10 Titeln unter dem Namen "Irrenhaus" 2008 ans Licht der Öffentlichkeit schaffte (Die Aufnahmen wurden zwischenzeitlich mit dem Sänger Janis 2004 in einer Mini-Auflage unter dem Titel "Wasihrwollt" unter die Mitglieder des Fanclubs gebracht). Dann war auch Chris wieder Geschichte, und nach diversen Besetzungskarusselldrehern (Ur-Mitglieder Tobi und Schlappe bleiben dabei auf der Strecke, seitdem fahren die Chefs live ohne Keyboarder ein wesentlich trockeneres und rockigeres Brett) das Line-Up mit Bassist Uli Lenz, dem in den Schoß der Familie zurückgekehrten Harry am Schlagzeug und Neuzugang Michi „Metal Maschine“ Benz am 2. Frontgesangsmikro wieder stabil. Da Uli ja schon in den DIE CHEFS-Vorgänger-Combos seit Mitte der 80er zusammen mit Schellich und Danny gespielt hatte und Horst sich vor seinem Einstieg 2002 schon ebenso lange im Dunstkreis der Band befand, kann man trotz aller Wechsel in diesen 20 Jahren tatsächlich von einer Bandfamilie sprechen (die sich ja fast schon "seit dem Sandkasten" kennt).
Nachdem die Band die 2008er "Irrenhaus"-Scheibe selbst veröffentlicht hatte, wurde dann 2012 mit 7us einer der größten Indies in Deutschland auf die im besten Wortsinne außergewöhnliche Truppe aufmerksam, es gab einen neuen Plattenvertrag und neue Lieder wurden mit 3 noch aus den Irrenhaus-Sessions vorhandenen Aufnahmen unter dem Titel "Ist das Kunst... oder kann das weg?" noch im selben Jahr unters jubelnde Volk gebracht. Nun steht die Band also im 20. Jahr ihres Bestehens wieder unter Volldampf, ein eigenes Tonstudio ist inzwischen voll aufgebaut. Schellich hat die angegliederte Musikschule „ROCKSTAGE“ zu voller Blüte entfaltet und als Krönung gab es dann 2013 die Retrospektive "20 Jahre 20 Hits" mit 2 neuen ebensolchen sowie 4 Bonustracks als fettes Doppel-CD-Package käuflich zu erwerben. Das Video zur Single „Bang!“ erfreute sich auch durchaus einiger Plays auf Youtube.
Und dann kam… nichts. Nach 20 Jahren Höhen und Tiefen waren die meisten in Lebenssituationen mit Familie und Job angekommen, die es immer schwieriger machten, das wilde Rock’n’Roll-Leben in diesem Maße aufrecht zu erhalten. Schellich baute seine Musikschule weiter aus und gab zusammen mit Horst, Uli und Harry immer mal wieder bei Unplugged-Konzerten den ein oder anderen CHEFS-Reisser zur Aufführung. Danny schloss sich dann ab 2014 wieder als Vollzeit-Schlagzeuger der Mannheimer Tribute-Band-Institution CRUSADER an (die sich der Musik von SAXON verschrieben haben) und hob 2015 zusammen mit Uli und Frank Heukemes (ein Bekannter aus alten Heidelberger Metalszene-Tagen in den 80ern) die DANZIG Tribute Combo MOTHER aus der Taufe. Ansonsten war Dornröschenschlaf angesagt.
Tja, und nun steht mit dem 25-jährigen Jubiläum der Prinz auf der Schwelle, der das schlafende Kraichgauer Kleinod wieder wach geküsst hat und wir machen am 2. Oktober 2018 in Sinsheim ein richtiges Fass auf. Und trinken auf die nächsten 25 Jahre!!!
Fazit: DIE CHEFS sind immer noch besser als Zirkus, gnadenloser als der Vollstrecker, lauter als Motörhead und Manowar zusammen und einfach die wahnwitzigste Rockmaschine, die das Land zu bieten hat. Wer einer Chefs-Show beiwohnt, tut das nicht ohne Tanz und Heiterkeit und weiß hinterher auf jeden Fall: Das rockt wie Sau. Wer sie kennt, dem tragen wir Eulen nach Athen. Wer nicht, sollte sich schnellstens von des Wahnsinns fetter Beute ködern lassen.
Nachschlag: Eine Achterbahnfahrt wie wenig andere macht hier Zwischenstation. Mit Geschichten, wie sie nicht jedes Leben schreibt. Einige davon werden in diesen Liedern erzählt. Einige sind in anderen zu hören oder sind an anderer Stelle gespeichert. Und über so mancher lassen wir lieber das Mäntelchen des Schweigens hängen... Zu finden sind unter diesem Strauss bunter Melodien klassische Themenzyklen wie das Leben einer hungrig auf Erfolg nach oben strebenden Musikantentruppe "on the road" ("Ein Lied im Radio", "Lampenfieber", "Jetzt oder nie" oder "Die letzten Lichter"), das ewige Gerangel zwischen Mann und Frau ("Neue Sterne", "Keine Zeit", "Luise" oder "Kein Liebeslied") als auch die Huldigung dieses zweitschönsten (das schönste ist, wenn der eigene Club Meister wird!) aller Gefühle ("Meine Augen", "Chèrie"), charmante Looser-Stories ("Kuckuckskleber", "Wiedersehn", "Alles vorbei") und typischen Männersujets wie "Fussballstadion", "10.000 Volt", "Blender" oder "Bang!". Aber auch überzogenen Quatsch wie "Abnormale Gefühle", "Wer wacht in der Nacht" oder "Warum bin ich so klein".
Ausser den Geschichten in den Liedern gibt's natürlich auch ein paar dahinter. Wie zum Beispiel gleich ganz zu Anfang: Noch aus Prä-CHEFS-Tagen findet sich (auch heute noch!) im Konzert-Repertoire eine Coverversion des AC/DC-Klassikers "Highway To Hell" , zu dem Blume einen deutschen, völlig abweichenden Text geschrieben hatte: "Ä Kurmark, ä BILD und ä Bier". Diese in badischer Mundart vorgetragene Beschreibung von seinem damaligen Alltag beim Job als Maler auf dem Bau wollten die Buben auch gerne auf dem ersten Album platzieren - gibt es sogar in einer kleinen Startauflage, aber bei der ersten richtigen Veröffentlichung / Pressung durch die Plattenfirma eben nicht mehr, da ganz brav beim AC/DC-Verlag dann doch noch um Erlaubnis gefragt wurde. Und als dieser das (wie auch heute noch!) rundheraus ablehnte, waren Schellich und Blume so sauer, dass sie als Ventil gleich mal den ersten Hit der Band ad hoc schrieben: "Abnormale Gefühle". Oder "Wer wacht in der Nacht", das Schellich einfiel, nachdem er eines Nachts schweißgebadet aufwachte und kurz tatsächlich dachte, er wäre Käpt'n Ahab und ein Wal wäre hinter im her. Oder "Irrenhaus", dessen Text realen Bezug zu den Hausbewohnern von Dannys Domizil in den späten 90ern hat (interner Spitzname im Freundeskreis damals: "Villa Beklopptika").